Mietbares Museum „Tautes Heim“

Miet- und bewohnbares Museum zu Design und Architektur der 1920er-Jahre im UNESCO-Welterbe Hufeisensiedlung

Status/Charakter: Mietbares Ferienhaus im UNESCO-Welterbe;
Reihenendhaus mit Garten in einem Bau-, Garten- und Ensemble-Denkmal
Lage: Hufeisensiedlung/Großsiedlung Britz, 12359 Berlin Neukölln-Britz
Bauzeit: 1925-30, Restaurierung Innen-/Außenbereich: 2010-2012
Architekten/Planer: Bruno Taut, Martin Wagner, Leberecht Migge
Initiative/Restaurierung/Vermietung: Katrin Lesser + Ben Buschfeld
Auszeichnungen: European Prize for Cultural Heritage/Europa Nostra Award 2013 (Restoration), Ferdinand-von-Quast-Medaille (Berliner Denkmalpreis), Berolina Award,
Goldene Ehrennadel des Bezirks Neukölln, Aufnahme ins IconicHouses Network
Website: www.tautes-heim.de · www.tautshome.com
Facebook: www.facebook.com/tautesheim

Wer das sehr denkmalgerechte restaurierte und vielfach prämierte Kleinod im Berliner Süden noch nicht kennt, auf den wirkt der ohne das mitschwingende r auskommenden Name „Tautes Heim“ wahrscheinlich zunächst wie ein Schreibfehler. Das trügt jedoch, denn bei dem aus Prese und Medien bekannten Reihenendhaus mit Garten handelt sich um eine detailreich und fundiert ins Werk gesetzte Hommage an das Leben und Werk des Architekten Bruno Taut: Als Chefarchitekt der Wohnungsbau-Gesellschaft GEHAG gab Taut mit seinen seinen Wohnsiedlungen dem Neuen Bauen in Berlin ein farbenfrohes Gesicht und entwarf in nur wenigen Jahren gleich vier der sechs Berliner UNESCO-Welterbe­-Siedlungen und rund 12.000 Wohnungen! Mit dieser Bilanz darf Bruno Taut mit Sicherheit als der wichtigste Architekt im Berliner Wohnungsbau des 20. Jahrhunderts gelten. Was viele nicht wissen, ist, dass die Popularität seiner Schriften zu einer zeitgemäßen Innenraumgestaltung in den 1920er-Jahren sogar zu einer eigenen Redewendung geführt hat, nämlich der, seine Wohnung zu „tauten“.

Entsprechend detail- und originalgetreu wurde „Tautes Heim“ restauriert, möbliert und von den beiden privaten Betreibern auf Basis akribischer Recherchen als miet- und bewohnbares Museum zu Design und Architektur der 1920er-Jahre konzipiert. Diese Arbeit wurden im Rahmen einer umfassenden Baudokumentation (Auszug s.u.) festgehalten.

Das Haus mit 250 qm Garten ist Teil der 1925–1930 erbauten Hufeisensiedlung in Neukölln-Britz. Die rund 30 Hektar große Anlage gruppiert sich um einen 350 Meter langen hufeisenförmig gebogenen zentralen Baukörper, welcher der Siedlung ihren Namen gab und viele Besucher an den – von Taut quasi vorweg genommenen – Bauhaus-Stil erinnert. Seit 1986 steht sie als Ensemble unter Denkmalschutz und wurde 2010 nach langen Auseinandersetzungen mit den für die Grünpflege zuständigen Ämtern zusätzlich zum Gartendenkmal erklärt. Das auch unter dem Namen „Großsiedlung Britz“ bekannte Ensemble ist sicherlich die be­kannteste der sechs seit 2008 als UNESCO-Welterbe geführten Berliner Siedlungen. Sie galt schon zur Bauzeit als Ikone des Öffentlichen Wohnungsbaus. Bautypologisch und stilistisch markiert die Hufeisensiedlung den Übergang von der reformorientierten, gestalterisch-handwerklich eher individuellen Gartenstadt-Bewegung hin zu einem zeilenbasierten und seriell durchgeplanten Großsiedlungsbau. Hier in Britz lieferte der – auch im Berliner Werkbund aktive – Taut die Synthese zweier, damals ideologisch heftig umkämpfter Gestaltungspositionen und plante eine rund 2.000 Wohnungen umfassende Anlage ohne einen Anflug der – bei späteren Großsiedlungen oft üblichen – Monotonie. Mit ihrer auch sozial, wirtschaftlich und politisch bewegten Geschichte plus ihrer sehr facettenreichen und farbenfrohen Gestaltung eignet sich die Anlage für ausgedehnte Besuchs- und Studienaufenthalte.

Wer das Ganze auch als Wohnambiente auf sich wirken lassen will, mietet sich ein paar Nächte in Tautes Heim ein. Das sehr denkmalgerecht restaurierte Reihenendhaus ist Teil des Welterbes und lässt Architektur- und Designgeschichte lebendig werden. Es ist nur 65qm groß, aber im Inneren komplett in der markant-eigenwilligen Farbigkeit Tauts wiederhergestellt und komplett im Stil der 1920er Jahre möbliert. Der zugehörige Garten ist nach Plänen des Gartenarchitekten Leberecht Migge mit Obstbäumen und Rosenhecke gestaltet. Nach zweijähriger Restaurierung, wird Tautes Heim seit 2012 an geschichts- und architekturbegeisterte Gäste vermietet, denen sich so der Wert von zeittypischer Architektur über deren tatsächlichen Gebrauch vermittelt. Tautes Heim bietet Raum für 2-4 Mieter, die sich vor Ort auf eine Zeitreise in die Epoche der anbrechenden Moderne begeben. Ein Angebot, das die Berliner Museumslandschaft wirkungsvoll ergänzt und von Gästen, Fachöffentlichkeit, Presse und Medien weltweit begeistert aufgenommen wurde – vgl. www.tautes-heim.de/pressestimmen

Baudokumentation

Zu den 2010-12 erbrachten Arbeiten zählte etwa das Entfernen nicht denkmalgerechter Wandverkleidungen, Trockenlegungen, Neuaufbau schadhafter Wandbereiche, Verlegung neuer Wasser- und Elektroleitungen, denkmalgerechte Dachdämmung und energetische Optimierung, Neuanlage eines Steinholzbodens nach historischem Muster, Translozierung eines fehlenden Kachelofens, Reparatur originaler Bauteile, umfassende Farbschichten-Analyse, Wiederherstellung der Original-Farbigkeit sämtlicher Bauteile, diverse Quellenrecherchen in bauzeitlichen Publikationen, eigene Möbelentwürfe nach historischen Vorlagen, Neubepflanzung des Gartens nach historischen Plänen sowie die Aufarbeitung sämtlicher noch vorhandener Orignal-Ausstattungselemente, das Anlagen einer Hausbibliothek und die Auswahl zeittypischer Kleinmöbel und Ausstattungsstücke.

Zustand 2010 vor der Restaurierung
Wiederaufbau des fehlenden Ofens
Zustand nach Entfernen der Tapeten
Dokumentation der Farbschichten

Auszeichnungen

Trotz der schwierigen Ausgangslage und der Umsetzung ohne irgendwelche Fördermittel gilt das Projekt Tautes Heim heute als der aktivste und lebendigste Botschafter des jüngsten Berliner Welterbes. Das Haus und seine beiden Betreiber wurden mit mehreren Denkmalpreisen ausgezeichnet, u.a. mit der Goldenen Ehrennadel des Bezirks Neukölln, gleich zwei mal mit dem Berliner Denkmalpreis – der Ferdinand von Quast-Medaille – sowie dem renommierten „Europa Nostra Award“ der Europäischen Union. Mit dieser in Berlin bislang nur an drei Objekte vergebenen Auszeichnung steht es in einer Reihe mit dem Neuen Museum und der Max-Liebermann-Villa. In ihrer Berliner Laudatio beschreibt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher das Projekt so: „Das Taute Heim ist eine denkmalpädagogische Meisterleistung. Eindrücklicher als alle Worte erweckt es die Architektur der Zwanziger Jahre wieder zum Leben und überzeugt alle, die es betreten, vom Wert der Moderne. Vorurteile, die Moderne sei zwangsläufig kühl, steril, langweilig, widerlegt das Taute Heim unprätentiös und zugleich kräftig mit seiner Farbigkeit und vielen wohnlichen Details.“

Vorgeschichte, Privatisierung und Vermietung

Zum Hintergrund des Projekts muss man wissen, dass die umliegende Hufeisensiedlung die ein­zige der insgesamt sechs Berliner Welterbesiedlungen ist, in der – nach Privatisierung der ehemals städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEHAG und mehreren Übernahmen des Gesamtportefolios an der Börse – ab 1999 im großen Stil Reihenhaus­bestände in Einzeleigentum verwandelt wurden. Dies hat den Effekt, dass es heute weit über 600 Einzeleigentümer des Welterbe-Ensembles gibt. Eine für den Denkmalschutz schwierige Entwicklung, die bei den selbst in der Siedlung wohnenden Betreibern und Vermietern zu einer Reihe von Projekten, Aktivitäten und Publikationen geführt hat: ihrer Familientradition folgend, arbeitet Katrin Lesser als Landschaftsarchitektin mit Schwerpunkt Gartendenkmalpflege. Neben den denkmalfachlichen Gutachten zur Siedlung hat sie zahlreiche weitere Gutachten und Fachbücher zu Berliner Gartendenkmalen editiert und wesentlich mit verfasst. Ihr Mann, Ben Buschfeld, betreibt ein Büro für Grafik- und Kommunikationsdesign, ist stark im Denkmalbereich aktiv und hat mehrfach zum Thema der Welterbesiedlungen publiziert, zuletzt den Architektur- und Denkmalführer Bruno Tauts Hufeisensiedlung. Gemeinsam mit Winfried Brenne Architekten und weiteren Partnern realisierten Buschfeld und Lesser 2009-2011 die Webbasierte Denkmalschutz-Informationsplatttform www.hufeisensiedlung.info. Aktuell erarbeitet Ben Buschfeld eine Wanderausstellung sowie eine Website für Schulen und Jugendliche zu den sechs Berliner Welterbesiedlungen. Beide Vermieter bieten auch Führungen durch die Siedlung an. Für Gäste von Tautes Heim zu deutlich reduziertem Tarif.

Ein reiner Besuch des Hauses ist regulär nicht möglich. Wer sich einige Tage im Welterbe einmieten will, wendet sich direkt an: www.tautes-heim.de

Kontakt und Vermietung

c/o Katrin Lesser + Ben Buschfeld,
Parchimer Allee 81b, 12359 Berlin-Britz
Telefon: 030-60107193
E-Mail: info@tautes-heim.de

Website, FAQs, Termine, Buchungsanfragen
www.tautes-heim.de

Social Media, Likes und Sonstiges
www.facebook.com/tautesheim/
iconichouses.org/houses/taut-s-home

Betreiber
www.katrin-lesser.de
www.buschfeld.com
www.linkedin.com/in/benbuschfeld/

Alle Abb.: © www.tautes-heim.de, Fotos: Ben Buschfeld

19. Februar 2019 bb